EGMR entscheidet zu privater E-Mail

05.09.2017

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat ein richtungsweisendes Urteil zur Nutzung von E-Mail im Unternehmen gesprochen: "Monitoring an employee’s electronic communications amounted to a breach of his right to private life" (http://bit.ly/ECHR-EMail). Damit wurde der Kündigung eines Arbeitnehmers widersprochen, der privat die Unternehmens-E-Mail genutzt hatte. 

Der rumänische Arbeitnehmer hatte zuvor gegen seine Entlassung in Rumänien geklagt, wo aber die Gerichte dem Arbeitgeber Recht gaben. Der EGMR rügte die rumänische Justiz, sie habe nicht hinreichend geprüft, ob der Arbeitnehmer über die Auswertung seiner E-Mails ausreichend informiert wurde. Es wart auch nicht geprüft worden, ob eine ausführliche Überwachung gerechtfertigt war und die pauschalen Angaben zur Kündigung bei Nichteinhaltung des privaten E-Mail-Verbotes hätten gegen den Schutz seiner Privatsphäre abgewogen werden müssen. Grundsätzlich habe auch ein Arbeitnehmer ein gewisses Recht auf Privatsphäre am Arbeitsplatz.  Das Recht auf Privatleben und die Vertraulichkeit der Korrespondenz dürfe zwar «im Rahmen der Notwendigkeit eingeschränkt», aber nicht völlig aufgehoben werden. Die Entscheidung der großen Kammer des EGMR ist definitiv und hebt ein vorangegangenes Urteil einer kleinen Kammer aus 2016 auf. Die Entscheidung könnte die Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht nur in der EU sondern in den 47 Mitgliedsländern des Europarats beeinflussen. Es sei sicherzustellen. das Maßnahmen zur Überwachung der Internet- und E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz verhältnismäßig seien.

Was lernen wir daraus: die Nutzung von E-Mail im Unternehmen muss eindeutig und einvernehmlich geregelt werden. Einfach zu konstatieren, privat E-Mails vom Firmen-Account zu versenden reicht nicht. Der Empfang von privaten (und Spam-E-Mails) kann sowieso nicht verhindert werden, wenn die E-Mail-Adresse des Arbeitnehmers publik ist. Man braucht klare Regeln, auch wie die Überwachung stattfindet. Denn ehrlich gesagt, ein Verbot privater E-Mail-Nutzung ist nichts wert, wenn nicht regelmäßig darauf hingewiesen wird und - ja, wie? - nachgewiesener Missbrauch nicht geahndet wird. Für Kündigungen wird es aber in Zukunft wohl kaum noch reichen.

Grundlage für das Urteil in einem Prozess eines rumänischen Arbeitnehmers war der 8. Artikel der europäischen Menschrechtskonvention. In der Verlautbarung des Gerichtshofes heißt es:

<Zitat> 
The case concerned the decision of a private company to dismiss an employee after monitoring his electronic communications and accessing their contents, and the alleged failure of the domestic courts to protect his right to respect for his private life and correspondence In today’s Grand Chamber judgment the Court concluded that the national authorities had not adequately protected Mr B.’s right to respect for his private life and correspondence. They had consequently failed to strike a fair balance between the interests at stake.  In particular, the national courts had failed to determine whether Mr Bărbulescu had received prior notice from his employer of the possibility that his communications might be monitored; nor had they had regard either to the fact that he had not been informed of the nature or the extent of the monitoring, or the degree of intrusion into his private life and correspondence. In addition, the national courts had failed to determine, firstly, the specific reasons justifying the introduction of the monitoring measures; secondly, whether the employer could have used measures entailing less intrusion into Mr Bărbulescu’s private life and correspondence; and thirdly, whether the communications might have been accessed without his knowledge. 
</Zitat>

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