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Die Diskussionen um "ECM ist tot" und "Content Services ist in" reisst nicht ab - kommt aber manchmal mit Verspätung an und ändert andauernd die Richtung. Allein dies zeigt, dass Content Services nicht geeignet ist, als Vision, als "rallying banner" dienen zu können. Auch der internationale Dachverband der Branche, AIIM, ist sich - wie obige Blogbeiträge zeigen - nicht ganz sicher, wohin das Ganze führen soll. John Mancini, AIIM international, hatte erst kürzlich den Beitrag "The Upside-Down World of Content Management – Again" zu Content Services unter den Gesichtspunkten von Sharepoint & Office365 publiziert um nun eine weitere Volte zu schlagen. In seinem Artikel "The Digital Workplace Is Flipping Content Management on Its Head" auf CMSwire (http://bit.ly/2q5Nnta) unterscheidet er nunmehr:

"(1) ECM Land — focused on large scale, mission critical, document-intensive processes (as it has always been)

(2) Digital Workplace Land — focused on automating the creation, management, and integration of knowledge worker content into every day processes."

Auch dies hilft uns nicht weiter. "ECM Land" ist weit mehr als nur die Handhabung von Dokumenten. Und ECM ist nicht nur für große Unternehmen und Anwendungen. Das "Digital Workplace Land" spielt sich auf der Benutzeroberfläche ab, wo ECM nur einige Komponenten beisteuert, um Informationen bereitzustellen, zu finden und in gesicherte Umgebungen zu übernehmen (im Prinzip nur meine vor Jahren postulierten "Drei Knöpfe"). 

Zu einem Blog-Beitrag auf "CIO Kurator" von Stefan Pfeiffer habe ich geantwortet: 

„ECM ist tot“ lautete die provokative Aussage Anfang Januar und Content Services sei nun „in“.Ich halte von „Content Services“ als Kategorie überhaupt nichts. Allein die künstlich geschaffenen Aufteilungen CSP Content Services Platforms, TCS Transactional Content Services, CSA Content Services Applications, BCS Business Content Services, CSC Content Services Components, CSS Content Services Solutions usw. usw. beinhalten keine Vision wo es zukünftig langgehen soll. Und neu sind die Ideen schon gar nicht, da ECM immer schon sich als Middleware, als Service-Layer verstanden hat. Letztlich geht es immer um „Information Management“ – Nutzung, Erschließung, Sicherung, Bewahrung von elektronischen Informationen.
Die Diskussion um den Begriff Content Services läuft schon länger – so einiges bei uns im Blog nachzulesen http://bit.ly/ECM_ContentServices
Forrester begann bereits 2016 ECM umzudeklarieren, Gartner zog 2017 nach. AIIM setzte erst auf „Systems of Understanding“ schwenkt aber nun auch auf „Content Services“ ein. Getrieben von den Marketiers der Anbieter, die unbedingt was Neues brauchen. IBM übrigens vorne weg hat gleich ihren Twitter-Kanal von ECM auf Content Services umdekoriert. Content Services hat nicht den Anspruch von ECM mit Strategien und Methoden sondern ist nur funktional und technologisch getrieben. Das Grundproblem des Begriffes Content ist gerade für den deutschsprachigen Raum ungelöst, da Content mit Web Content assoziiert wird und man ansonsten von Dokumenten spricht. Bei Content Services nach Definition von Gartner sind eine ganze Reihe von ECM-Komponenten „abgehängt“ – von der Collaboration über die Archivierung bis zum BPM Business Process Management. Content Services heißt zurück in die Nische und als Lösung unsichtbar werden. Dies hilft weder Anbietern noch Anwendern.

Diesen Grundtenor haben wir nicht nur in Artikeln und Blogbeiträgen vertreten sondern auch in zahlreichen Vorträgen der letzten Jahr; zuletzt auch gerade zum Thema "Digital Workplace" in Dublin: http://bit.ly/DigitalWorkPlace 

Und lieber Stefan - ECM ist nicht nur "... protokollieren, kontrollieren" - ECM sind die Strategien, Methoden und Werkzeuge um Information zu erfassen, zu erschließen, zu nutzen, zu verwalten, zu schützen, bereitzustelllen und zu bewahren. Dies gilt seit zwei Jahrzehnten und wird weiter Bestand haben - als Infrastruktur, meinetwegen als "Information Services".