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CIO Kurator ECMSehr, sehr verspätet greift mein Freund Stefan Pfeiffer erneut die Diskussion um ECM auf: "ECM Strategie: Wechsel in fünf Jahren möglich? und nötig?". 

Eine rein rhetorische Frage. Wechsel sind rechtzeitig nötig. Anfang des Jahres sagte er mir noch, dass ECM so etwas von uninteressant sei. Ab und zu benutzt er selbst noch den Begriff "Dokumentenmanagement". Auch sollte man sich nicht an irgendwelchen Begriffen langhangeln oder gar darüber streiten, denn so lange man Managern und Anwendern noch erklären muss, warum das Papier aus den Prozessen entfernt gehört - so lange ist die Diskussion um neuen Branchenbegriffe und Akronyme müssig. "Content Services" als Begriff hilft hier wahrlich nicht weiter - das interessiert niemanden wenn er sich mit dem  Grundthema "Arbeit in der Zukunft" oder der "Künstlichen Intelligenz als Kollegen" am Arbeitsplatz auseinandersetzt.

Der CIO-Kurator greift hier als Ausgangspunkt für ein paar Überlegungen ("just my 2 cents") einen Artikel von Joe Shepley auf, der sich mit dem Wandel bei den bisherigen großen ECM-Anbietern beschäftigt aber auch ein recht verschrobenes Bild von der Zeit nach ECM zeichnet.

Joe Shepley Doculabs "The Future of ECM"

Hintergrund der Frage ist dabei nicht nur das Thema "Wechsel weg von Documentum" sondern auch im Hinterkopf vielleicht auch der Wechsel von traditionellen IBM-Produkten wie CM oder P8 ;) 

Im Blog des CIO-Kurator habe ich eine Antwort gepostet:

Hallo Stefan,

das Thema ECM Enterprise Content Management ist nicht erst seit dem Artikel von Joe Shepley „in turmoil“. Die Diskussion, ob ECM noch geeignet ist, Lösungen und eine Branche zu beschreiben, läuft seit einigen Jahren und verstärkt, seitdem die Analysten Gartner (2017) und Forrester (2015) ECM für „tot“ erklärt haben und versuchen es durch den Begriff „Content Services“ zu substituieren (siehe auch http://bit.ly/ECM-ist-tot).

Du stellst einige Fragen unter „just my 2 cents“ .

[1] "DSGVO": Ja, Datenschutz und die EU DSGVO/GDPR wird international massive Auswirkungen haben, wie wir mit Information umgehen. Dies ist aber kein primäres ECM-Thema sondern betrifft alle Lösungen. Und natürlich muss Informationen Management die DSGVO-Anforderungen unterstützen.

[2] "Gerichtshow": „Die Anhörung“ gab es früher hier http://www-01.ibm.com/software/de/data/ecm/gericht/  IBM hat die gelöscht … ebenso den „Per Anhalter durch die Galaxis“ …

[3] „Smart Contracts“: … noch so ein Schlagwort. Vertragsverwaltung ist eine Anwendung der elektronischen Akte, aber auch als rein Daten-orientierte Lösungen verfügbar. Nix Neues.

[4] „Blockchain“: Viel Hype. Ja, es gibt schon Records-Management-Lösungen mit Blockchain, aber mehr noch Restriktionen (http://bit.ly/RM-Blockchain). Gerade die DSGVO steht vielfach dem Einsatz von Blockchain entgegen. Und auch mit herkömmlichen elektronischen Archivsystemen, kann man ähnliche (und bessere) Verkettungen aufbauen, wenn diese denn Informationsobjekte und nicht nur Dokumente speichern.

[5] "Automatisierung": Ja, das ist einer der wichtigsten Treiber bei BPM & Co.. Gern kann man darüber auch Künstliche Intelligenz oder Artificial Intelligence als Überschrift setzen. Automatisierung beflügelt auch ECM und Records Management, wie ich in mehreren Artikeln (z.B . http://bit.ly/RMblockchainKI) und Vorträgen (z.B. http://bit.ly/lobonet_DrUKff) sein Jahren propagiere – auch auf Tagungen von IBM. Ach übrigens, wenn IBM das mit KI & Watson nicht auf die Reihe bekommt ist der Laden halb tot.

[6] "Filenet & Co".: Ja, IBM hat ihre Produkte rund um das traditionelle ECM wie Content Manager, Content Manager on Demand, FileNet P8 und andere in die Diaspora geschickt. Das traditionelle ECM ist nicht mehr auf der Roadmap. Überhaupt hat sich IBM vom Thema ECM verabschiedet. Ob es nun BOX + IBM richtet – das muss sich erst noch zeigen.

[7] "Content Services": Content Services ist ein doofer technologisch geprägter Marketing-Begriff. Enterprise Content Management beinhaltete wenigstens noch Vision, Strategie und Methoden und nicht nur Funktionalität und Werkzeuge. Ein unnötiger Rückschritt. Die Branche verliert dadurch noch mehr Visibilität und verschwindet noch mehr von den Prioritätenlisten der CIOs. Wir meinen, man sollte stattdessen nur noch von Information Management sprechen (http://bit.ly/Information_Management).

[8] "Sharepoint": In „Figure 2“ seines Artikel zeichnet Joe Shepley ein paar neue Kästchen. Darin ist Sharepoint ganz gewaltig (und Sharepoint ist nun wahrlich kein richtiges ECM, nie gewesen …), es gibt ECM als SaaS aus der Cloud (ja), es gibt noch Shared Drives (das ist der "natürliche Feind" von ECM) und es gibt ne Menge EFSS etc. Das wird nicht die Sicht auf die Welt nach ECM sein  (P.S. wo ist denn da eigentlich IBM …). ECM ist weiterhin eine notwendige Infrastruktur um die Informationsflut zu beherrschen. Und wichtige Grundkomponenten von ECM wie Archivierung, wie Records Management, wie Business Process Management, wird es natürlich auch weiterhin geben. In unserem Blog gibt es zu dieser Diskussion zahlreiche Beiträge und Kommentare (http://bit.ly/Kff-Blog), auf Slideshare Folienvorträge (http://www.slideshare.net/DRUKFF) und auf Youtube Videos (http://bit.ly/PCyoutube) … leider nicht die „Gerichtsshow“.

Einen schönen zweiten Advent,
Dr. Ulrich Kampffmeyer

 

P.S.  einige Teile der Gerichtsshow gibt es noch und zwar in der Version von der DMS EXPO 2008  Teil 1 und Teil 2 (die Teile 3 und 4 fehlen) sowie die Folien gibt es in der Version von 2010 hier.